Hochzeitsreden in Versen



Herbstgedanken bei der Hochzeitsfeier

Es rühme, wer da will, im Lenzen
die neue Luft, den grünen Mai,
je schöner seine Blumen glänzen,
je näher rückt ihr Ziel herbei;
Die Augenweide seiner Auen
steht, wie die Schönheit, auf der Flucht,
und, was wir heute im Wachstum schauen,
wird morgen schon umsonst gesucht.

Der Sommer hat nicht Grund zu prahlen,
er schreckt die Welt mit Blitz und Schlag,
die Menge seiner heißen Strahlen
verkürzt den Schlaf, beschwert den Tag.
Kommt dann der Winter angeschlichen,
so muß die Erd im Trauern gehen,
und unsre Lust in Winkel kriechen,
wo Grillen am Kamine stehn.

Der Herbst bleibt doch der Schmuck vom Jahre
und hat den Vorzug aller Zeit,
sein Bildnis trägt in vollem Haare
das Füllhorn vieler Fruchtbarkeit;
er ist der rechte Speisemeister
der alles zeugenden Natur,
erquickt die Sinnen, wie die Geister,
und zeigt die größte Segensspur.

Er füllt uns Augen, Mund und Keller,
gebiert den zärtlichsten Geschmack;
er häuft uns auf dem Wollustteller,
was Garten, Feld und Wald vermag:
Sein Wetter schickt sich recht zum Lieben;
denn, weil es keinen Hundsstern kennt,
so wird die Kraft nicht übertrieben,
woraus das Blut der Jugend brennt.

Dir, hat, mein Bräutigam! Ich wette,
kein Herbst wohl noch so schön gelacht,
als der, der jetzt dein Hochzeitsbette
mit Edens Anmut lustig macht:
Des ganzen Jahres Schatz und Früchte
versammeln sich auf einer Brust,
und reizen Finger und Gesichte,
so, daß du lüstern werden mußt.

Betrachte nur des Mundes Rosen,
die noch kein Bienenstich berührt,
und deren Pracht dir liebzukosen
das Honig auf den Blättern führt.
Die Wangen zeigen bunte Nelken,
und willst du Lilien und Jasmin,
die auch bei Frösten nicht verwelken,
so darfst du nur ihr Halstuch ziehn.

Der Herbst ergötzt uns auch mit Trauben;
dein Herbst gebiert Trauben seltner Art:
Hier kannst du pressen oder klauben,
sie sind allein für dich gespart:
Und willst du reinen Wein genießen,
so ist der Lippen Kelter hier,
woraus die Küsse süßer fließen,
als Edenburgs Oktoberbier.

Entsteht ein Appetit nach Beeren,
sie wachsen hier auch durch den Schnee,
den weder Luft noch Glut verzehren,
auf einer zweifach schönen Höh:
Die Herbstzeit liefert gute Fische,
und baut auch manchen Vogelheerd,
auch dies wird deinem Liebestische
durch einen schönen Herbst gewährt.

Stell auf und wirf die Sehnsuchtsangeln,
und häng den Freiheitsköder dran!
Das Glücke läßt es dir nicht mangeln,
denn sieh! ein treues Herz beißt an:
Ein solcher Fang ist hoch zu schätzen,
zumal, wer unsre Zeit bedenkt,
wo mancher mit vergoldet Netzen
Forellen sucht und Frösche fängt.

Du hast das lustigste Gehege,
darum vergiß nur nicht die Jagd!
Die Liebe spürt die rechten Wege,
nur wache früher, als es tagt.
Kein Wildbrett kann wohl höher gelten,
als deines Herbstes Tugend gilt:
Denn diese fängt man schwer und selten,
weil oft das Schaf den Wolf verhüllt.

Ich muß mich deutlicher erklären,
und werter Bräutigam! gestehn:
Das, was dir Wunsch und Gott gewähren,
muß über alle Waren gehen,
die deiner Handlung Witz und Glücke
auch noch so frisch und reich erhält;
denn du bekommst in diesem Stücke
das rechte Leben auf der Welt.

Das rechte Leben steckt im Lieben,
und in vertrauter Lustbarkeit:
Der Kummer kann kein Paar betrüben,
dem Treu und Andacht Trost verleiht;
Ich darf die Lust nicht erst beschreiben,
du wirst sie selbst handgreiflich sehn,
und bei dem neuen Zeitvertreiben
der Einsamkeit den Rücken drehn.

Die Tadelsucht hängt auch dem Besten
gewöhnlich meist ein Stückchen an,
vornehmlich bei den Hochzeitsfesten
wobei der Neid nicht schweigen kann:
Da raisonniert sie von dem Scheitel
bis auf den Absatz von dem Schuh,
und läßt so wenig Tracht und Beutel
als Minne und Person in Ruh.

Ist gleich die Braut von guten Sitten,
doch nicht dabei, wie mancher spricht,
um Leibe niedlich zugeschnitten,
so heißt es ein Alltagsgesicht;
sind Mittel da, so heißts: der Drache
hat bloß den Alp von Mann gebracht;
und liegt der Mammon nicht im Fache,
so wird der nackte Specht verlacht.

Und kurz, ein Eckstein gleicht den Bräuten,
woran sich jedes Ferkel reibt;
wer kehrt sich an die klammen Zeiten,
wo niemand ohne Richter bleibt!
Man lasse Neid und Pöbel höhnen,
genug, wenn die Vorsicht und ihr Schluß
das Haupt mit Friedensmyrten krönen,
die so ein Blitz verschonen muß.

Der Bund, den deine Wahl getroffen,
wird dich mein Bräutchen! nicht gereuen:
Das Glückstor steht zwar allen offen,
doch führt die Klugheit nur hinein.
Und diese führt auch dich in Gärten,
wo Früchte der Zufriedenheit
den angenehmen Dieb erwarten,
dem hier sein nächtlich Schrecken bleut.

Man sagt zwar sonst: Bestohlne Bäume
verdorren ohne weitre Frucht;
Dies sind nur abergläubsche Träume;
denn wenn man die Natur durchsucht,
so findet man Levkojenstengel,
je mehr man pflückt, je mehr sie blühn;
so wird dein Raub auch deinem Engel
mehr Wachstum geben als entziehn.

Du holde Braut! bist hier gemeinet;
denn ist ein kleiner Scherz erlaubt,
so wird, was Jephthä's Kind beweinet,
dir durch die Liebe bald geraubt:
Doch schade für das bißchen Blüte!
ihr Abfall gibt den Früchten Statt,
in welchem ein vermählt Gemüte
des Paradises Nach'schmack hat.

Herunter mit dem Freiheitskranze,
der schärfer als die Haube drückt!
Wieso! Doch halt! Es reizt ins Ganze,
woher mein Kiel die Antwort schickt.
Dein Bräutigam kann dir auf dies Fragen
am besten ein Genügen tun,
und deiner Brust nachdrücklich sagen:
Daß Jungfern nicht so sanfte ruhn.

Gib acht! Es winkt dir schon zum Scherzen,
und ladet dich zur Herbstlust ein:
Bei dieser wird er deinem Herzen
den größten Vorwitz gern verzeihn.
Du bist die Eva, deren Schmeicheln
ihn ohne Sünde schön verführt,
und die ihm durch vernaschtes Heucheln
das Leben vor dem Tod gebiert.

Dies wird die Zeit mit Freuden lehren.
Mein Phöbus hat sein Amt vollbracht,
und wünscht mit seinen Musenchören
das, was euch froh und glücklich macht.
Kein Feldmann wird im Herbste freien,
er sät mit Lust auf Hoffnung zu,
und kriegt dadurch gefüllte Scheunen:
Mein Bräutigam! dies bedenk auch du.

Johann Christian Günther, 1695 - 1723


Der Bräutigam an die Braut

Vor der Hochzeit

Dir, die ich mir zur Frau erwähle,
Sing' meine Fehler ich. Hab' acht! -
Erlaube, dass ich früher fehle,
Eh' mich der Pfarr zum Eh'mann macht.
Noch ist es Zeit, dass wir uns trennen,
Noch fesselt uns die Ehe nicht.
Ich singe mich - mich sollst Du kennen,
Mein Herz: und dies ist kein Gedicht.

Bei Küssen, die wir jetzt verschwenden,
Vergisst man leicht das bisschen Ernst;
O Laura, lass Dich nicht verblenden,
Wie Du die Liebe fühlen lernst.
Den ganzen Himmel voller Freuden
Lös't oft ein Quäntchen Kummer auf.
Lass uns erst richtig sein mit Beiden,
Denn unser Glück beruht darauf.

Kind, wird Dir auch ein Mann gefallen,
Der nur die Seele lieben kann?
Ich kann Dir nicht zu Füßen fallen,
Ich bete Dich als Frau nicht an.
Dein Blick, Dein Silberton, Dein Schimmer,
Verblenden mich als Eh'mann nicht,
Auf's Herz, auf dies nur seh' ich immer,
Und nicht so sehr auf Dein Gesicht.

Ich werde Dich als Gattin lieben,
Entzückt, o Laura, werd' ich's tun.
Doch, glaube mir! - bei heißen Trieben
Wird kältere Vernunft nicht ruhn.
Ich werde Dich sehr öfters fragen:
Mein Weibchen! - warum tust Du das?
Und oft Dir Deine Fehler sagen,
Indem ich meine selbst vergaß.

Wirst Du auch meine Küsse fühlen,
Die Du durch Tugend nur erwirbst?
Ich werde niemals mit Dir spielen,
Nicht starr sein, wenn Du modisch stirbst.
Ich werde finster sein und schelten,
Wenn Dich Galanterie betört,
Und gar nichts wird mir Laura gelten,
Wenn Laura ihre Pflicht nicht ehrt.

O Laura, stets wird mein Bestreben,
Das Glück, Dir zu gefallen, sein.
Ich werde ganz für Dich nur leben,
Doch meine Ruh’ Dir opfern? - Nein!
O Laura, Laura! - Eheleute
Verbindet nur die Sympathie:
Verstimmt sich ihre Herzenssaite,
Dann lächelt Hymen, glaub’ mir’s, nie!

Der Putz - Ja, Freundin, er ist sittlich,
Doch dien’ er nie der Eitelkeit.
O Beste, sei nicht unerbittlich,
Und wuch’re treu mit Deiner Zeit.
Sollt’ ich Dich vor der Toilette
Den ganzen morgen künsteln sehn:
Wie plötzlich würde mein Gespötte
In Zank und Kaltsinn übergehn!

Die sanfte Seele zu vereinen,
Sei meiner Laura Lieblingspflicht!
Für alle Stutzer sei sie steinern,
Nur für Moral und Tugend nicht!
O wenn ein frommes Buch dich bessert,
Wenn eines Freundes Umgang Dich
Und Deiner Seele Reinheit größert,
Dann, Laura, dann entzückst Du mich!

Sei witzig, doch sei es bescheiden,
Ein sanftes Herz siegt mehr, als Witz,
Gelehrt kann ich Dich gar nicht leiden,
Gelehrt bist Du mir auch nichts nütz;
Sprich zärtlich, - lass Orakelsprüche
Den Stolz der eitlen Närrin sein,
Weit mehr wirst Du mich in der Küche,
Als beim Euripides, erfreu’n.

Wirst Du mir auch nicht widersprechen?
Ich habe gar zu gerne Recht.
Kind, o wir werden öfters brechen,
Wenn diese Pest die Eintracht schwächt.
Mir fehlt die Kunst, leicht nachzugeben.
Weh' mir, fehlt diese Kunst Dir auch,
Dann gleicht gewisslich unser Leben
Sehr oft dem schwarzgewölkten Rauch.

Doch Laura, ich will mich nicht grämen,
Und froh in uns're Zukunft späh'n,
Denn Du wirst Dich nach mir bequemen
Und meine Schwächen übersehn.
Bei hundert Mängeln, die ich habe,
Gefall' ich doch allem nur Dir,
Du bist gehorsam bis zum Grabe,
Das Recht der Herrschaft nehm' ich mir.

Doch Du auch sollst den Szepter führen,
Nimmt ihn die Sanftmut in die Hand,
Du sollst durch Liebe mich regieren,
Und ich will Herr sein durch Verstand.
O sanfte Freundin, welch Entzücken!
Am späten Abend und auch früh
An's Herz uns warm und zärtlich drücken,
Ein Gott stört unsern Bund dann nie.

Und nun, o Laura, will ich fragen,
Verlangst Du mich noch jetzt zum Mann?
Lass Deine Seele Antwort sagen!
Kind, Höll' und Himmel hängt daran.
Sei redlich gegen Dich und schaudre,
Wenn Du erliegst, - vor mir zurück,
Zwar dann verlier' ich Dich, o Laura,
Doch, süßer Trost! ich sang Dein Glück.

Universal-Gratulant, 1845


Wie des Lenzes Blumenhelle

Wie des Lenzes Blumenhelle
Sanft in seinen Schoß uns zieht,
So zu dieser lieben Schwelle,
Lockt es mich aus stiller Zelle
Und der letzte Harm entflieht.
O wie schön ist diese Stelle,
Wo die Myrthe festlich blüht'.
Wo die Flamme heil'ger Triebe
Hell im Glanz beglückter Liebe
Auf den Hausaltären glüht.
Wie so lieblich, wie so süß
Lockt der Liebe Paradies.

O möchte doch des Himmels Glück und Frieden
Mit mir in dieses Hauses Räume zieh'n!
O wäre Euch es dauerhaft beschieden,
Was Viele seh'n als holden Traum entflieh'n!
Und könnt' ich Euch die seligsten der Stunden
Aus jenem Engelparadies ersteh'n,
Wo mit der Unschuld, wie mit Gott verbunden,
Sich Lieb' und Freundschaft treu zur Seite steh'n
Wo Licht und Lenz in ew'ger Feier walten,
Und sich die Stunden schöner stets gestalten.

Ja, den reichsten Blumenkranz
Schling' um Euch ein heit'res Leben!
Wie der Myrthe Himmelsglanz
Euch erfüllt mit süßem Beben,
Soll der Freude Licht und Leben,
Soll der Liebe Zauberschein,
Eures Lebens Leitstern sein.

Beglückt im Sein an des Geliebten Seite,
Sei Euer Sehnen ganz darin gestillt,
Und wie ein Bach durch Blumenauen quillt,
Umflötet von der Nachtigall, so gleite
Das Leben Euch in jedem höhern Sinn
Voll Harmonie in süßer Eintracht hin. -
Ja, freundlich walte überall die Liebe,
Wo Ihr auf immer Eins in Liebe weilt,
Und ob des Himmels Bläue sich auch trübe -
Es ist ein Schatten, der vorübereilt;
Und heller wird die Sonne wieder scheinen,
Wenn Glaube, Lieb' und Hoffnung Euch vereinen.

Blicket immer voll Vertrauen
Auf zum Himmel in Geduld -
Fester kann man nirgends bauen,
Als auf Gottes Vaterhuld!
Seine starke Rechte leite
Sicher Euch durch's Leben hin;
Und als Sieger steht im Streite
Für den ewigen Gewinn.

So nehmt noch einmal denn aus vollem Herzen
Den besten Wunsch für Euer Lebensglück!
Gebt Hand in Hand getreu in Freud' und Schmerzen,
Zum spät'sten Ziel, und schaut Ihr einst zurück
Auf Eure Bahn, so lächle Fried' und Segen
Euch überall mit Engelsblick entgegen.

Sammlung von Gelegenheitsgedichten, 1852


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