Polterabend-Gedichte



Eine Freundin der Braut

überreicht dieser am Polterabend ein Paar Pantoffeln
und dem Bräutigam eine Schlafmütze mit folgendem Gedichte

Geliebte Freundin! Du wirst bald
Als Ehefrau den Zepter führen.
Pantoffeln - Zeichen der Gewalt -
Ich schenk' sie Dir, um zu regieren.

Sie werden bald in Deiner Hand
Ein Mittel, Dir Dein Reich zu fügen.
Brauch' sie mit Klugheit und gewandt,
Dann wirst Du Alles leicht besiegen.

Allein im Sommer siehet man
Gewitter oft die Luft erschüttern,
Und ebenso soll dann und wann
Der Mann vor dem Pantoffel zittern.

Herr Bräut'gam! Darum - und dass Sie
Ertragen lernen diese Blitze
Recht philosophisch - nehmen Sie
Als Blitzableiter diese Mütze.

Und wenn 'mal Wolken drohend schwer
Auf Ihres Weibchens Stirne stehen,
Schnell, schnell nur diese Mütze her,
Dann wird der Sturm vorüber gehen.

So geb' ich den Pantoffel Dir,
Und Ihnen Macht, ihn zu ertragen.
Ich zweifle nicht, Ihr werdet mir
Einst Dank für dies Geschenk noch sagen.

Universal-Gratulant, 1845


Ein Biermädchen überreicht einen Krug

Da soll gleich en Donnerwetter drin schlagen!
So 'ne Jrobheit laß ick mir nich sagen.
In Dummsdorf sind wir noch nich geboren,
Ick hab et faustendicke hinter de Ohren.

(Tritt heftig ein.)

Wo sind de Brautleut? Die sollen mir bezeigen,
Ob ik nötig habe, dazu zu schweigen.
Na - denken Se sich mal so wat in de Welt!
Sie haben doch bei uns det Hochzeitenbier bestellt;
Nu sagt mir de Madahm diesen Morgen,
Ik sollt et man jehörig un jut besorgen.
Ik - de Flaschen jespühlt - abjezogen un jeproppt -
Un mit 'n Hammer jehörig festjekloppt.
Wie ick nu in de beste Arbeit bin.
Kommt de Madahm in den Keller rin
Und schreit: Wat? Abjezogen hat se det Bier?
Uf de Tonne wollen fe't ja haben, sagt ick ihr.
Wer weeß, wo ihre Liebesjedanken rummer flogen!
Uf de Tonne den Ogenblickl un nich abjezogen!
Liebeken, sagt ik, ereifern Se sich 'man nich -
Ruhe is de erschte Bürgerpflicht.
Besser abjezogen wie unjezogen versteh'n Se mir?
Det ene sind Sie, bet andre sind Sie. -
Na, der Witz hat ihr janz verblüfft gemacht;
Aberscht et kommt noch besser, passen Se man Acht.
Ha, ha, ha, lacht' ick, mit Ihre Jrobheit sein Se mir jewogen,
An merken Se sich, heut' Abend noch bin ick abjezogen.
Na, der Witz hat lhr bald um't Leben gebracht,
Aberscht et kommt noch besser, passen Se man Acht.
Madahmken, sagt ik, ik geh' Ihnen zwar aus de Ogen,
Aber von det Lohn wird nischt abjezogen.
Det ewige Ziehen konnte se nich verdragen;
Se griff mir, wie de Polizei, jleich bei'n Kragen;
Ik schlug ihr aber die Hand flink vorbei -
War ja bei Wisotzky oft mank de Keilerei. -
De rechte Hand riss ihr de Haube von Kopp,
De linke dooft ihr mit 'n jroßen Wassertopp,
Det ihr det Wasser aus Nas' und Mund musst jehn; -
Ne, die Wasserkunst hätten Se müssen sehn.
Aberscht Witz! Witz! det is de Hauptsache? -
Doch et wird wol. Zeit, det ik mir uf de Strümpe mache.
Ik wünsche allerseits recht wohl zu leben.

(Will gehen, besinnt sich aber.)

Aberscht en Witz muss ick Ihnen zum Besten jeben.
'Ne Buddel mit Bier anjefüllt,
Is jrade von't Menschenleben en Bild.
In de eue schäumt det Bier, in de andre is et schaal;
De Gemüter bei de Menschen sind och nicht ejal.
Leicht jeht 'ne Buddel kaputt, wenn wir nich vor uns sehn -
Un so kann't och den jebrechlichen Körper jehn.
Schäumen muß det Bier nich allzu sehr,
Et fährt enen sonst zu kribblich um de Nase her;
Damit will ik sagen: Ruhig Blut
Is besonders vor Eheleute jut.
Rühren Se man fleißig det Maul un de Hände,
Dann fügt sich allens zu en jlücklichet Ende,
Dann haben Se Lust un en frohet Jemüt,
Bis Jott mal den Lebensproppen rausser zieht.

Universal-Gratulant, 1845


Altes Mütterchen

Was sehen meine Augen? So viele Lichter,
Und rings umher nur fröhliche Gesichter.
Man merkt es leicht an dem lustigen Chor,
Hier geht heute gewiss etwas Selt'nes vor.
Du lieber Gott! es ist eine schlimme Zeit!
Im rauschendsten Galopp wird jetzt gefreit.
Ja, ja, vor etwa fünfundzwanzig Jahren,
Als die Zeiten noch besser waren,
Da war ich ein leichtes, loses Ding,
Das in seinem Netz manch Herrlein fing.
Wer konnt' auch damals mir widerstehen?
Wie ein Engel hab' ich ausgesehen!
Der Reifrock stand mir eben recht
Und die Contusche d'rüber saß mir auch nicht schlecht;
Brust und Hals mit Geschmeiden beladen;
Und die Taille, zum Umspannen, wie'n Zwirnsfaden;
Mit spitzem Absatz der gestickte Schuh
Und ellenhoher Kopfputz dazu.
Doch was hilft mir all' mein Jammergeschrei?
Mit der lieben Zeit ist's längst vorbei.
Aber mit den jetzigen Jugendgestalten
Ist es wahrhaftig gar nicht auszuhalten!
Da sieht man nicht Fächer, nicht breite Spitzen;
Das Kleid muss halb auf der Schulter sitzen;
Selbst die Schneider, die feinen Canaillen,
Was machen sie nicht für lange Taillen;
Ja, haben meine Ohren recht vernommen,
So lassen sie aus Paris sich Glieder kommen.
Doch still! ich will nicht weiter richten;
Ich habe hier ganz and're Dinge zu schlichten.

(Zum Bräutigam.)

Zuerst, Herr Bräutigam, sei er schlau,
Und nehm' er hübsch Lehren an von einer alten Frau.
Die kleine Person, die da neben ihm sitzt,
Äus deren Augen treue Liebe blitzt.
Die soll er morgen zum Altar führen
Und durch's übrige ganze Leben regieren.
Es heißt zwar: "Das Weib sei untertan,"
Aber ein weiser Herrscher sei der Mann;
Wenn Sorgen ihm am Herzen nagen,
So muss er dem Weibchen nicht harte Worte sagen.

(Zur Braut.)

Auch sie hat, meine liebe Jungfer Braut,
Ihr Erdenglück diesem Manne vertraut.
So muss sie zu ihm auch Vertrauen hegen;
Hübsch sorgsam sein, ihn warten und pflegen;
Geduldig ertragen seine Schwächen;
Nicht raisonnieren, nicht widersprechen!
Mein sel'ger Mann war sonst ein gutes Lamm;
Doch schwoll ihm hin und wieder 'mal der Kamm
Vor eitel Stolz und Eigendünkel,
Dann duckt' ich mich still in meinen Winkel,
Und hatte der Sturm erst ausgetobt,
So hieß es: Herr Gott, du seist gelobt! -
So machten wir es, wir Alten;
So müsst auch ihr es halten. -
Der Herr behüt' euch vor Jammer und Wehe
Und geb' euch eine recht zufriedene Ehe;
Er geb' euch seinen besten Segen
Und heute über's Jahr - na - von wegen. -

Universal-Gratulant, 1845


Ein Musikant

O Jott! Mir armen Musikant
Wird bei so'n Spektakel janz blümerant;
En Musikus wird doch mit fein're Ohren
Wie and re Menschenkinder jeboren,
Un hat doch so'n trauriget Loos.
Bedenken Se man, ik bin en Virtuos,
Möser is jegen mir man en dummer Junge;
Rohde hat det meiste mit de Zunge;
Viotti is man bloß nur en Stümper;
Paganini? - Herr Je! mit den sein Jeklimper!
Wat kann er denn? Uf ene Saite jnielen?
Det is nischt wie blauer Dunst;
Ne, ik versteh' de wahre Kunst:
Uf jar kene Saite zu spielen.
Mir is jedes Instrument janz eenjahl!
Se jloben wohl, det ik man prahl?
Ja, Kuchen! Ne, det kann ik durch Reisen
Un durch ville Papiere beweisen.
Ik spiele Klarinett un Flöte,
Ik blase Violine un Trompete,
Pauke un Maultrommel och dabei,
Fajott un Hautboe is mir janz enerlei;
Ja, ik habe mal in Aschersleben
Uf de Trompete en Flötenkonzert jegeben. -
Aberscht mein Hauptinstrument sind die Becken.
Ne! wat kann ik Ihnen da vor Töne wecken!
Da lassen Se mir en Adagio druf rausjribuliren,
Det muss Ihnen so det Herze rühren,
Det Se vor Angst un Jammer weenen,
Se müßten uf den Fleck dodt sich weenen.
Meine Sache is nich det ville Loben;
Aber det können Se uf Fiddelparole jloben,
Det ik von Petersburg bis nach Wien
Un von Lissabon bis nach Berlin
Jemacht ene ochsige Sensation
Durch meine Kunst un meine Perschon.
Ik lobe mir nich; o, bewahre! - Aberscht aus janz Europia
Kamen Briefe an von fern un nah,
Se wollten, um mir man eenmal zu hören,
Mir jern Dausende jewähren.
Wie ik nu mal in Straßburg war.
Da jung't mir in't Konzert recht sonderbar.
Ik schick de Jitarre nach Konzertsaal hin
Un schlend're nach mit recht verjnügten Sinn.
Nu jeht et los - ik mach' mein Kompliment -
Jreif nach de Jitarre; - Potz Dausendsapperment! -
Da lag se vor mir in dausend Stücken -
Ik denk' och jleich, et soll mir den Kopp verrücken.
Ener aus det Orchester, aus Neid un Chikan
Hadde mir den Possen anjedahn.
Aberscht en Musikus is stets jewandt; -
Ik reiße Eneu den jroßen Baß aus de Hand,
Lege'n über'n Arm un ohne Zieren
Fang' ik nu an zu phantasieren.
Un spiele äußerscht fidel un munter
So det janze Jitarrenkonzert runter.
Aberscht der Applaus!!! Gner würd' tot rausjetragen.
Weil er sich de Hand kurz un kleen jeschlagen. -
Ik möchte Ihnen jerne noch mehr mitteilen,
Aberscht meine Zeit is kurz; ik muss eilen.

(Zum Brautpaar.)

Seh'n Se disse Fiddel an; achten Se det Ding
Um Jottes willen nich jar zu jering;
Wat haben denn alle die vier Saiten,
Die Se da druf sehn, wol zu bedeuten?
Det G, der Jrundton, bedeutet die Liebe;
Ja, wenn die aus de Ehe janz wegbliebe,
So wär' se so langweilig un so dumm,
Wie'n Bogen ohne Kolophonium.
Nu kommt det D; det is det Jlück.
Jott behüt' Euch ewig vor Mißgeschick,
Denn det is, so hab' ik oft jelesen -
Manchmal Ursach' zum Verdruß jewesen.
Die dritte, det A, det is der Fleiß;
Jeder muss üben un dreiben, wat er weiß;
Jebrat'ne Dauben stiegen kenen in't Maul,
Un is er och noch so reich und noch so faul.
Die vierte, det E, is de Zufriedenheit;
Die macht, det jlobt mir, weit un breit
Den ärmsten Mann wie'n König so reich.
Sie macht die Menschen den Engeln gleich.
Ja, Liebe, Jlück, Fleiß un Zufriedenheit
Jeden euch de wahre Himmelsseligkeit.
Von disse vier Saiten lasst kene reißen.
So kann ik Euch en Jötterleben verheißen.
Aberscht ens bitt' ik mir hier noch aus dabei:
Bei't Kinddofen zehn Se mir nich vorbei.

Universal-Gratulant, 1845


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