Gedichte zur Silberhochzeit
Für vier Kinder
Gott Amor:
Wieder führ' ich heut' den Zug
Wie beim ersten Feste;
Amor bleibt die Hauptperson
In der Zahl der Gäste.
In mein Antlitz bringt die Zeit
Fältchen nicht noch Falte;
Doch wie jung ich immer bin,
Bin ich doch der Alte.
Zwei Kinder
Erstes:
Wir sind zwei Kinder hier vom Haus
Und folgen mit Bedachte
Dem kleinen Gotte, der Mama
So unendlich glücklich machte.
Zweites:
Ja, lacht nur! Wir kommen auch
In seinen Rosentempel.
Die älteste Schwester hat's schon gezeigt,
Die Kinder nehmen Exempel.
Der Narr:
Der Narr macht seine Reverenz,
Der gute derbe Geselle!
Ihr höret wohl von weitem schon
Das Rauschen seiner Schelle.
Als alter Hausfreund bin ich ja
Notwendig bei dem Feste;
Denn hörtet ihr die Klapper nicht,
Euch fehlte doch das Beste.
Ein tücht'ger Kerl hat seinen Sparrn!
Das ist unwiderleglich;
Und hat das Haus nicht seinen Narrn,
So wird es öd und kläglich.
Hier war ich manchen guten Tag
Gastfreundlich aufgenommen;
Heil diesem vielbeglückten Haus,
Wo auch der Narr willkommen.
Theodor Storm, 1817 - 1888
Ich habe Dich geliebt und will Dich lieben,
So lang' Du goldner Engel bist;
In diesem wüsten Lande hier, und drüben
Im Lande wo es besser ist.
Ich danke dir mein Wohl, mein Glück in diesem Leben.
Ich war wohl klug, dass ich Dich fand;
Doch ich fand nicht. Gott hat Dich mir gegeben;
So segnet keine andre Hand.
Uns hat gewogt die Freude, wie es wogt und flutet
Im Meer, so weit und breit und hoch! -
Doch, manchmal auch hat uns das Herz geblutet,
Geblutet . . . Ach, und blutet noch.
Heut aber schlag ich aus dem Sinn mir alles Trübe,
Vergesse allen meinen Schmerz;
Und drücke fröhlich Dich, mit voller Liebe,
Vor Gottes Antlitz an mein Herz.
Matthias Claudius, 1740 - 1815
Mit blühenden Gewächsen
Viel zu spät kommt alles heuer,
Frühlingsluft und Sonnenschein,
auch zu Eurer Silberfeier
stell' ich fast zu spät mich ein.
Und mit reichen Hochzeitsgaben
wag ich kaum mich mehr hinaus,
alles soll ja reichlich haben
Euer wohlbestelltes Haus.
Eines wag ich doch zu bieten,
bitte, nehmet freundlich hin
auch die spät erschloss'nen Blüten
und der Treue friedlich Grün.
Denn die Liebe und die Treue
sind zu früh nicht, nicht zu spät.
Schön ist's, dass sie blühen neue,
wenn bald kühler Herbstwind weht.
Lasset drum die Bäumchen stehen
gern vor Eurem trauten Haus,
mögt in Fried' und Freude gehen
viele Jahre ein und aus.
Ottilie Wildermuth, 1817 - 1877