Gedichte Goldene Hochzeit
Des Lebens Pfad ist nicht ein Pfad der Wonne,
Wo Rosen uns die sanfte Freude streut,
Wo willig uns bei stillem Strahl der Sonne
Der junge West die kühlen Schwingen leiht,
Wo nur das Lied verjüngter Nachtigallen
Beblümte Hügel lieblich widerhallen.
Nein, selten spießt auf diesen dürren Auen,
Wo leicht das unbeständ’ge Glück entflieht,
Wo Tränen nur auf öde Fluren tauen,
Ein Blümchen auf, das uns der Lenz erzieht,
Und tausend Mal, eh’ wir dies Blümchen pflücken,
Wird es des rauen Sturmes Hand zerknicken.
Wer misst sie all' des Lebens Bitterkeiten,
Wer wiegt sein Leid mit reinen Freuden auf,
Wer hemmt den Strom beglückter Jugendzeiten,
Und wer beschwingt der Trauertage Lauf? -
Und wer vermag's, wenn Ungewitter dräuen,
Die schwarzen Wolkenheere zu zerstreuen?
Ein edles Herz, vereint mit einem Herzen,
Dem seinen gleich, das keine Zukunft scheut,
Trägt still sein Loos, trägt lächelnd seine Schmerzen,
Beglückt im Trost, den ihm die Liebe beut;
Denn wo die Zauber dieser Göttin walten,
Muss Winter selbst zum Frühling sich gestalten.
Wenn Alles welkt, wird ihre Myrthe blühen.
Kein Sturm ertötet ihre Herrlichkeit,
Wenn Alles flieht, so wird doch sie nicht fliehen,
Sie stirbt mit uns und eilt zur Ewigkeit.
Die Dankbarkeit wird noch nach fünfzig Lenzen
Ihr strahlend Bild mit frischen Blumen kränzen.
Ihr lehrtet uns durch Taten, teure Beide,
Ihr prägtet tief in uns're Herzen ein:
Es könne nur die tugendhafte Freude
Das schöne Loos von edlen Seelen sein;
Ihr lehrtet uns gelassen ohne Klagen
Durch Zärtlichkeit die Schmerzen leichter tragen!
Ihr führtet uns zum fernen Tugendtempel,
Ihr sporntet stets auf uns'rer steilen Bahn,
Nicht bloß durch Lob, Ihr sporntet durch Exempel
Mit neuem Mut den lauen Eifer an. -
O habet Dank - habt Dank durch diese Zähren
Für Eure Lieb' und Eure guten Lehren!
Universal-Gratulant, 1845
Der Geist der Zeit verlacht der Vorwelt Sitten,
Und höhnt die Schwestern oft in Ernst und Scherz.
Wohl ist er ihr in Künsten vorgeschritten,
Doch, was der Kopf gewann, verlor das Herz.
Die Selbstsucht hat sich an den Platz gedrungen,
Wo Biedersinn vor grauen Jahren stand.
Die Falsche spricht mit glatten Doppelzungen,
Und kein Vertrag ist ihr ein heilig Bund.
Ruhm sei der Zeit, die Euch, ehrwürd'ge Gatten,
Zum Altar sah mit Jugendschritten geh'n!
Was damals Hand und Mund gelobet hatten,
Das hielt das Herz so fest, wie Berge steh'n.
Es treten heut' ein halbes hundert Jahre
Als Zeugen auf und künden Euer Lob;
Sie sah'n, wie Euch zu einem Musterpaare
Ein selt'ner Bund von Tugenden erhob.
Ihr liebtet Euch nicht in den Blütentagen
Der Jugend nur und auf des Glückes Bahn, -
Ihr schlosset stets in kummervollen Tagen
Noch inniger Euch an einander an.
Ihr lebet ganz für Eurer Söhn’ und Töchter
Nicht kleinen Kreis, der um Euch her entstand.
Ihr waret uns’rer Wohlfahrt treue Wächter,
Und führtet uns zum Glück mit sanfter Hand.
Euch g’nügte streng im eigenen Entsagen
Ein mäßiges an Freuden armes Loos,
Doch war für uns ein hoher Wurf zu wagen,
So schien fürwahr! kein Opfer Euch zu groß.
Ihr hättet selbst bei eines Notfalls Dringen,
Durch Heldentod das Leben uns gewährt;
Dem Vogel gleich, der, wie die Dichter singen,
Mit Strömen seines Blut’s die Jungen nährt.
Hoch steht Ihr nun auf Eures Alters Warte
Und blickt hinab in’s tiefe Lebenstal;
Da liegt vor Euch wie eine Länderkarte
All’ Eurer Werke ruhmbekränzte Zahl.
O möchtet Ihr noch lang’ hinunter schauen,
Von Enkelkindern jubelvoll umtanzt,
Hinunter in die hellen grünen Auen,
Wo die Erinnerung Euch Rosen pflanzt.
Wer so, wie Ihr, auf des Gewissens Wage
Stets wog und tat, was gut und rechtlich war
Dem bietet jeder Geist verlebter Tage
Der Seelenruh’ balsam’sche Blumen dar.
Und Engel winden sie dereinst zu Kränzen,
Die kühlend sich um seine Schläfe zieh’n
Und oben, wo die ew'gen Sterne glänzen.
Um sein verjüngtes Haupt unsterblich blüh'n.
Universal-Gratulant, 1845
Der gold'ne Kranz - er drücket,
Drückt, wie der Erde Glanz -
D'rum reich' ich Euch die Myrthe,
Den frischen Mvrthen-Kranz.
So rein, wie diese Blüten,
So frisch, wie dieses Reis,
Ist auch des Sohnes Liebe,
Ist seiner Lippe Preis,
Zu Ihm, der mild und gnädig
Bis hieher Euch gebracht,
Und der so manche Schmerzen
Vergessen hat gemacht.
Es ist die frische Myrthe
So schön im Silberhaar,
Die einst vor fünfzig Jahren
Der Schmuck der braunen war.
Und Farben, sowie Jahre,
Verschwinden in dem Kranz -
Nur Eines hält er innig,
Dies Eine fest und ganz.
Das ist: die reine Liebe,
Die immerdar beglückt,
Von feinem Schicksals-Wechsel,
Von keiner Zeit gedrückt,
Und die ist Euch geworden
So sternenhell und klar.
Dass diese Blätter rauschen
Vor Wonne wunderbar.
Lass, Kranz von tausend Blüten
So hold, so mild, so schön,
Lass, Sinnbild treuer Liebe,
Lass deine Düfte weh'n,
Hauch' Allen hier auf Erden
Das Wort des Himmels zu:
Ein Glück gibt s nur hinieden:
Eins: Heil'ge Liebe, Du!
Sammlung von Gelegenheitsgedichten, 1852
Nach der Gabe, Gold zu machen,
Haben Tausende gestrebt;
Doch sie träumten: - beim Erwachen
War das Gold entschwebt.
Doch, dass wohl es kann gelingen,
Liegt jetzt außer allem Streit:
Was die Kunst nicht kann erzwingen,
Das - vermag die Zeit.
Wenn's um Silber sich gehandelt
Einst zum Jubelhochzeits-Kranz,
Hat sich Alles umgewandelt
In des Goldes Glanz.
Und weil sie im Lebensspiele
Jedem nicht solch Heil gewährt,
Solche Kraft am seltnen Ziele
Allen nicht beschert;
Drum beseelt beim Jubelmahle
Uns des Hochgefühles Lust,
Hebt im selt'nen Freudenstrahle
Feurig sich die Brust.
Und beim gold'nen Saft der Reben
In dem Glase hell und klar,
Sei das volle Recht gegeben
Unserm Jubelpaar.
Lang' noch mag die gold'ne Sonne,
Die sein Dasein heut' umzog,
Es umglüh'n in Glück und Wonne,
Lange leb' es hoch!!!
Sammlung von Gelegenheitsgedichten, 1852
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