Gedichte zum Hochzeitstag



Drei Bitten

Drei Bitten hab ich für des Himmels Ohr,
die send ich täglich früh und spät empor:
Zum ersten, daß der Liebe reiner Born
mir nicht versieg' in Ungeduld und Zorn;
zum zweiten, daß mir, was ich auch vernahm,
ein Echo weck, ein Lied in Lust und Gram;
zum dritten, wenn das letzte Lied verhallt
und wenn der Quell der Liebe leiser wallt,
daß dann der Tod mich schnell mit sanfter Hand
hinüberführ in jenes bessre Land,
wo ewig ungetrübt die Liebe quillt,
und wo das Lied als einz'ge Sprache gilt.

Emanuel Geibel, 1815 - 1884


Gottes Segen

Es sei von Gottes ew'gen Segen
der Treue stilles Fest verklärt,
die sich auf steil und ebnen Wegen
durch Freud' und Sorge treu bewährt.

Wo Menschentreu sich echt gezeiget,
da fehlt auch Gottes Treue nicht,
sie sendet, wenn der Tag sich neiget
ein friedevolles Abendlicht.

Sie nehme, was sie Euch beschieden
in ihre segensvolle Hut,
dass ihr bekennt in Freud und Frieden:
wie's Gott gefügt, so wird es gut.

Ottilie Wildermuth, 1817 - 1877


Über eine Hochzeit

Vertrautes Paar! Dem heut' zur Liebe
Des Hymens holde Fackel brennt,
O dass für euch ein Dichter bliebe
Von jenen, die Apollo kennt!
Wär' Thebens Sänger noch auf Erde,
Der oft den Ruhm geschwinder Pferde
Mit schlechtem Recht verewigt hat:
Die letzte Nachwelt würde lesen,
Dass Ihr der Euren Zier gewesen
Und die Verwundrung eurer Stadt.

Albrecht von Haller, 1708 - 1777


An Antonie

Zu dieses Tages Feier
Erklingt, Du merkst es schon
Erklingt die alte Leier
Und gibt den alten Ton.

So wie ich einst Dich liebte,
So lieb' ich Dich noch heut,
Und werde dich, Geliebte,
Noch lieben alle Zeit.

Adelbert von Chamisso, 1781 - 1838